Jeder Zeit ihre Musik – unsrer Zeit CoVid-Musik

CoVid-Musik

Der menschliche Geist möchte seine Weltwahrnehmung künstlerisch ausdrücken. Dieses Bedürfnis reflektieren dieser Tage viele Social Media-Posts – und natürlich auch die neue CoVid-Musik.

In Deutschland waren es meines Wissens Die Ärzte, die mit ihrem „Ein Lied für Jetzt“ als erstes mit CoVid-Musik aufspielten. Natürlich ging das Video mit der Splitscreen-Optik, welches die Musiker in ihrer Heimquarantäne zeigt und werbewirksam am Freitag veröffentlicht wurde, sofort viral.

Aus Amerika legt nun Tom Keifer, der Sänger der Blues-Rock-Band Cinderella, mit einer speziellen Version von „Rise“ nach. Der Song von seinem gleichbetitelten Solo-Album ist hier auf die erste Strophe verkürzt und glänzt vor allem durch ein neues Video, das von Joshua Smith augenscheinlich vor allem aus Stock Footage geschnitten wurde.

Auf einen Titel dieser neuen Version – die insgesamt mehr als Werbe-Gag daherkommt – wollte man sich wohl nicht festlegen: Auf Facebook heißt es „Rise #EndCovid19“, auf YouTube „Rise #TogetherApart“.

Plattenweise CoVid-Musik

Ein Blick auf die Ecyclopaedia Metallum zeigt, dass es unterdessen natürlich auch mehrere nach dem Virus benannte Bands gibt. Es ist CoVid-Musik aus Brasilien und Russland.

Die CoVid-19 aus Brasilien spielen recht abwechslungsreichen Death Metal bzw. Goregrind. Ihre bereits am 20.03.2020 erschienene EP „When the Traditional Margarine Commercial Family Dies“ umfasst fünf Stücke, aber – wie sich das gehört – insgesamt nur 8:44.

In Donskoi, unweit südlich von Moskau gelegen, widmen sich die russischen CoVid-19 dem Death Doom. Für diesen Musikstil sind die sechs Stücke auf der 12:26 EP „We All Die“ allerdings recht kurz ausgefallen. Auch musikalisch sticht das Werk wenig heraus. Als Erscheinungsdatum gibt die Ecyclopaedia Metallum ebenfalls den 20.03.2020 an. Offensichtlich waren unsere Ärzte echt nicht so flink mit ihrer CoVid-Musik-Idee.

CoVid-Musik ist immer auch Politik

Darüber wie CoVid-19 (RUS) das Thema Coronavirus angeht lässt sich ohne Lyics nichts sagen. Die Titel der Stücke sprechen eher für einen Fokus auf die Krankheit selbst und den möglichen Tod. CoVid-19 (BRA) thematisieren selbst in „Who Do We Choose to Live“ nur die sozialen Erscheinungen wie leere Straßen und insolvente Unternehmen.

Das Stock Footage bei Tom Keifers ansonsten ja unveränderter Version gibt nur das typische amerikanische Flaggenpathos her und ist damit natürlich zum Gähnen.

Eine echte Aussage erlaubt sich dagegen Bela B. von den Ärzten. So trägt er ein T-Shirt der Hilfsorganisation für Flüchtlinge Mission Lifeline – und hält auch ein solches in die Kamera. Nach der ersten Strophe schreibt er außerdem ein Schild:

#SafeThem. The People in Moria have Corona, too!!
#RetteSie. Die Menschen in Moria haben auch Corona!!

Bela B.

Der dringende Hinweis kommt zur rechten Zeit. Seit die Corona-Krise nach Europa gekommen ist, sind alle anderen Nachrichten, vor allem die verheerende Situation in dem überfüllten Flüchtlingslager auf Lesbos völlig in Vergessenheit geraten.

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